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OÖ Wählt

Neue Weichenstellung in OÖ?

Am 26. September 2021 ist Wahltag in Oberösterreich. 1,1 Mio. Wahlberechtigte – davon über 90.000 ErstwählerInnen – werden an die Urnen gerufen. Jede Wahl stellt die Weichen neu, aber heuer könnte es einige grundlegenden Änderungen geben.

Die Zeiten sind fordernd, die Auswirkungen von Corona, erschütternde internationale Entwicklungen oder die Klimakrise bewegen die Bevölkerung. Sie bewegen nicht nur, mehr noch: Bei all diesen großen Themen gibt es mittlerweile spürbare Spaltungstendenzen in der Gesellschaft und einen hohen Polarisierungsgrad im öffentlichen Diskurs.

Vor diesem Hintergrund geht es für die wahlwerbenden Parteien um viel.

Rückblickend brachte die Wahl 2015 historische Umbrüche und erstmals eine schwarz-blaue Koalition in OÖ.

Große Wahlverliererin ist 2015 die ÖVP, welche von über 46% auf knapp 37% regelrecht abstürzt. Auch die SPÖ muss herbe Verluste hinnehmen und fällt weit unter die 20%-Marke. Mit der FPÖ gibt es eine triumphierende Siegerin. Sie kann mit über 30 Prozent der Stimmen einen Erdrutschsieg (mit einem Plus von über 15%) einfahren und sorgt damit für neue Machtverhältnisse im Land. Die globale Flüchtlingskrise und die dadurch entstandene Verunsicherung in der Bevölkerung hat den Blauen in die Hände gespielt und so der ÖVP viele Stimmen abgesaugt. Damals war die ÖVP auf Bundesebene stark geschwächt, heuer ist das anders. Kanzler Kurz und die türkise Regierungshälfte forcieren seit einigen Monaten einen Kurs weit rechts der Mitte. Diesen Kurs trägt seit einigen Wochen auch die ÖVP OÖ verstärkt mit und kommt damit der FPÖ in die Quere. Beide Parteien fischen mittlerweile um einzelne Zielgruppen im gleichen Teich um Stimmen. Sicherheit, Asyl, Heimat sind Begriffe, die von FPÖ- und ÖVP-Plakaten prangen. Von der in den letzten Wochen stark forcierten „Zuversichtstour“ der Landes-ÖVP unter LH Stelzer – mit Fokus auf Aufschwung, Wirtschaftswachstum und Post-Corona-Optimismus – ist man in einen (für die ÖVP OÖ) eher neuen Kurs gekippt. Die ÖVP ist als Partei längst nicht mehr so homogen, wie noch vor wenigen Jahren. Ihre bündische Struktur verschafft ihr weniger thematische Breite als vielmehr ein Glaubwürdigkeitsproblem und so ist die Partei stark damit beschäftigt, an ihren Rändern Abwanderungsbewegungen zu unterbinden (insb. Richtung Grün) oder verlorenes Terrain wiedergutzumachen (von Seiten der FPÖ).

Hoffen darf etwa die SPÖ, mit Chefin Gerstorfer, der einzigen Frau im Rennen, die in den letzten Jahren mit den Zuständigkeiten im Sozial- und Pflegebereich harte Bretter zu bohren hatte. Dazu hängt die geschwächte Bundespartei, die immer wieder mit parteiinternen Querelen öffentlich in Erscheinung tritt, der Parteichefin zu oft wie ein Klotz am Bein. Spannend wird auch werden, wie sehr die SPÖ diesmal die PensionistInnen überzeugen kann, schließlich hat die ÖVP mit Alt-LH Pühringer (aktuell sehr umtriebiger Seniorenbund Obmann in OÖ) ein engagiertes, sehr öffentlichkeitsaffines und bekanntes Ass im Ärmel.

 

Hoffen dürfen auch die Grünen mit Spitzenkandidaten Kaineder. Wie viel Rückenwind von Bundesebene ausgeht, wird man erst sehen, denn die Partei kommt mit ihrem türkisen Koalitionspartner oft an die eigenen ideologischen Belastungsgrenzen. Andererseits: Selten war die globale Klimakrise so sichtbar wie heuer. Überspitzt formuliert brennt halb Europa und die Extremwetterereignisse im Sommer haben womöglich viele Menschen aufgerüttelt. Mit „Chaos oder Klima?“ versuchen die Grünen jene Menschen – vor allem auch die Jungen – abzuholen, die hier eine Dringlichkeit sehen. Ob die „Klima-Karte“ zieht, wird stark davon abhängen, wie präsent das Thema in den Köpfen der Menschen bleibt und wie „spürbar“ die Bedrohung bei den Menschen ist.

Die Theorie des „finite pool of worry“ zeigt, dass Menschen sich nur in beschränktem Ausmaß voll und ganz bestimmten Problemthemen hingeben können. Von diesen Problemthemen gibt es derzeit einige und der Wahlkampf wird sich im Endspurt so entwickeln, dass es ein „krisenorientierter“, weniger ein „zuversichtlicher“ Wahlkampf wird. Man wird die Angst vor Asylwerbern, die Angst vor Corona, Arbeitslosigkeit, dem klimatischen Kollaps, Wohlstandsverlust, etc. in den Fokus rücken, um so – jede Partei auf ihre Art – möglichst in der eigenen Kernzielgruppe und darüber hinaus zu punkten.

Mittlerweile sind WählerInnen immer mehr bereit die Parteien zu wechseln, viele sind noch unentschlossen und die Wahl 2015 hat bereits gezeigt, dass nach einer solchen Wahl kein Stein auf dem anderen bleiben muss. Es bleibt spannend!

 

Rückfragen:
Mag.Maria Pernegger
m.pernegger@mediaaffairs.at

 

Quelle Titelbild: Ronald Rampsch, Adobe Stock #222964354

Quelle Grafik: Wiener Zeitung vom 07.07.2021